Ableitungssysteme von EKGs

Ein Elektrokardiogramm (EKG) ist die Aufzeichnung der elektrischen Erregung im Herzen. Sie ist völlig schmerzfrei und kann schnell durchgeführt werden. Mit aufgeklebten Elektroden auf der Haut werden die Herzströme erfasst. Die sich daraus ergebenen Messungen werden auch als Ableitungen bezeichnet. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich verschiedene Ableitungssysteme entwickelt und verbessert, auf deren Basis Elektrokardiogramme geschrieben und diagnostiziert werden. Dazu gehören die Ableitungssysteme nach Einthoven, Goldberger und Wilson. 

Ableitsystem nach Einthoven

Ableitsystem nach Goldberger

Ableitsystem nach Wilson

Ableitsystem nach Frank

Ableitsystem EASI

Ableitsystem 360°

Heute gebräuchliche Elektrokardiogramme:

1-Kanal-EKG

3-Kanal-EKG

12-Kanal-EKG

Vektor-EKG

Ableitsystem EASI Heute

Ableitsystem 360° Heute 

Ableitsystem nach Einthoven

Einthoven hat 1903 das erste EKG weltweit geschrieben. Da es noch keine modernen Klebelektroden und Verstärkersysteme gab, bestand die einzige Möglichkeit den Körper zu kontaktieren darin, die Extremitäten in Eimer mit Salzlösung zu stecken. Damit konnte Einthoven einen ausreichend guten Übergangswiderstand zum Körper erzeugen um das erste EKG mit Hilfe eines Saitengalvanometers sichtbar zu machen. Einthoven konnte die Spannung zwischen dem rechten und linken Arm (Ableitung I), dem rechten Arm und linken Bein (Ableitung II) und dem linken Arm und linken Bein (Ableitung III) messen.

 

Ableitsystem nach Goldberger

Goldberger hatte 1942 die Idee, die Lücke zwischen den weit auseinander liegenden Ableitungen nach Einthoven zu schließen. Der Winkel zwischen den Ableitungen I und II, II und III sowie II und I beträgt jeweils 120°. Für eine bessere Diagnose, so fand Goldberger, wäre es sinnvoll, die Winkel zu halbieren. Diese Halbierung der Winkel realisierte Goldberger mithilfe eines Widerstandsnetzwerkes. Dies entspricht einer analogen Berechnung der folgenden Rechenvorschriften:

-aVR = (I + II) / 2

aVL = (I - III) / 2

aVF = (II + III) / 2

Damit stehen jetzt, zusammen mit den Ableitungen nach Einthoven, sechs vertikale (koronale) Sichtachsen zur Verfügung.

Ableitsystem nach Wilson

Wilson hat 1934 das EKG-System dahingehend erweitert, dass er eine horizontale Schnittachse durch das Herz hinzugefügt hat. Er hat die Elektroden direkt am Brustkorb angebracht und dann gegen einen virtuellen Referenzpunkt, welcher mitten im Herz liegt, gemessen. Dieser Referenzpunkt wird CT (Common Terminal) genannt und über ein Widerstandsnetzwerk erzeugt. Die Ableitungen nach Wilson werden V1 - V6 genannt und bilden die Brustwand und die linke Seitenwand des Herzens ab. Zusammen mit Einthoven und Goldberger stehen damit 12 Kanäle zur Verfügung. Dieses Ableitsystem stellt das klassische 12-Kanal-EKG dar, das heutzutage als Goldstandard in der Elektrokardiographie gilt.

 

Ableitsystem nach Frank

Die klassischen 12 Ableitungen haben sich durch die konsequente Weiterentwicklung bestehender Ableitsysteme ergeben. Dabei stand weniger das Verständnis über die Funktionsweise der Elektrophysiologie des Herzens im Vordergrund, als vielmehr die phänomenologische Betrachtungsweise der elektrischen Herzaktivität außerhalb des Körpers. Frank hat 1956 das Herz als rotierenden Dipol im Raum beschrieben. Im Prinzip stellt ein rotierender Dipol eine Batterie mit einem Plus- und Minus-Pol dar, die sich im Raum dreht. Frank hat sich gefragt, wie dieser rotierende Dipol möglichst effektiv gemessen und beschrieben werden kann. Dazu hat er die Elektroden so am Körper platziert, dass die gemessenen Ableitungen X, Y und Z (siehe Bild 10) senkrecht aufeinander stehen und damit ein kartesisches Koordinatensystem bilden. Daraus ergibt sich eine Darstellung in Form der sogenannten Vektorschleife. Dies entspricht einer 3-dimensionalen Darstellung des rotierenden Herzdipols im Raum.

 

Ableitsystem EASI

Dower hat 1988 das Elektrodensystem von Frank weiter vereinfacht, indem er die Zahl der Elektroden auf 5 reduziert hat. Außerdem hat er es geschafft, die klassischen 12 Ableitungen aus der Vektorschleife zurückzurechnen. Damit machte Dower einen entscheidenden Schritt dahingehend, dass er die Messmethode des Vektor-EKGs für den klassisch gebildeten Arzt verfügbar machte.

 

Ableitsystem 360°

CardioSecur stützt sich auf das Ableitsystem nach EASI. Allerdings hat das Ableitsystem nach Dower immer noch alle Unzulänglichkeiten des 12-Kanal-EKGs und übersieht z.B. Hinterwandinfarkte. CardioSecur bildet mit den 22 Ableitungen sowohl vertikal, als auch horizontal, jeweils die gesamte Ebene ab und schließt damit die Lücke des klassischen 12-Kanal-EKGs an der rechten und hinteren Wand des Herzens.

 

 

Heute gebräuchliche Elektrokardiogramme

1-Kanal-EKG

Heutzutage sind 1-Kanal-EKG-Systeme weit verbreitet. Diese Systeme dienen meist entweder für extrem lange Messungen bis zu 14 Tage (z. B. iRhythm) oder Schnellmessungen von nur wenigen Sekunden (z. B. Alivecor). Die medizinische Relevanz von 1-Kanal-EKGs ist sehr limitiert. 

 

1 Sichtachse vertikal und 0 Sichtachsen horizontal

Ableitungen: 

  • unspezifiziert

Diagnosemöglichkeiten:

Ischämien können überhaupt nicht erkannt werden und auch die Aussagekraft für Diagnose und Lokalisierung von Herzrhythmusstörungen ist stark eingeschränkt. So kann es sein, dass z. B. Vorhofflimmern oder ventrikuläre Extraschläge nicht gemessen werden.

 

3-Kanal-EKG

3-Kanal-EKGs werden i. A. für die 24h-EKG-Messung eingesetzt. Die 24h-Messung ist eine weit verbreitete Methode zur Diagnostik von Herzproblemen und wird als Langzeitmessung vergütet.

 

3 Sichtachsen vertikal und 0 Sichtachsen horizontal

 

Ableitungen: 

  • unspezifiziert

 

Diagnosemöglichkeiten:

Ischämien können überhaupt nicht erkannt werden und auch die Aussagekraft für Herzrhythmusstörungen ist stark eingeschränkt. So kann es sein, dass z. B. Vorhofflimmern oder ventrikuläre Extraschläge nicht gemessen werden.

 

12-Kanal-EKG

Das 12-Kanal-EKG kombiniert die Ableitsysteme nach Einthoven, Goldberger und Wilson. Damit stehen eine vertikale und horizontale Sichtachse zur Verfügung. Das 12-Kanal-EKG stellt den aktuellen Goldstandard in der EKG-Diagnostik dar und es wird für Belastungs- und Ruhe-EKGs verwendet. 

 

6 Sichtachsen vertikal und 6 Sichtachsen horizontal

Ableitungen: 

  • Extremitäten: I, II, III, aVR, aVL, aVF
  • Brustwand: V1, V2, V3, V4, V5, V6
  • Gemessene Ableitungen: I, II, III, V1, V2, V3, V4, V5, V6
  • Errechnete Ableitungen: aVR, aVL, aVF

 

Diagnosemöglichkeiten: 
Mit dem 12-Kanal-EKG lassen sich grundsätzlich alle Herzaktivitäten messen und sowohl Rhythmus- als auch Ischämische-Abnormalitäten der anterior Herzwand diagnostizieren. Allerdings sollten auch die Hinterwand- und die Rechts-Herzableitungen gemäß der Guidelines im Falle eines Verdachtes auf Herzinfarkt gemessen werden. In der Praxis wird darauf jedoch fast immer verzichtet. Dies kann sowohl auf Zeit- und Usabilityprobleme, als auch auf Ableitungs-Platzierungs-Probleme und fehlende Ausbildung zurückgeführt werden. So ist es beispielsweise sehr mühsam einem Infarktpatienten am Rücken Elektroden anzukleben.

 

Vektor-EKG

Das Vektor-EKG betrachtet das Herz als rotierenden Dipol. Dieser kann durch die 3 aufeinander senkrecht stehenden Achsen eines kartesischen Koordinatensystems beschrieben werden. Der rotierende Dipol im Raum wird dann in Form der sogenannten Vektorschleife dargestellt.

Ableitungen: 

  • X, Y, Z

Diagnosemöglichkeiten: 

Bis heute stellt das Vektor-EKG nach Frank eine überlegene Diagnosemöglichkeit dar. Verschiedene EKG-Veränderungen, die z.B. einen Hinterwandinfarkt anzeigen, sind im Vektor-EKG sichtbar, nicht aber im klassischen 12-Kanal-EKG. Die Methode, obwohl überlegen, hat sich jedoch bis heute nicht durchgesetzt, da zum einen die Interpretation der 3-dimensionalen Vektorschleife extrem schwierig ist und sich zum anderen die überwiegende Menge der Literatur und Lehre zur Diagnostik meistens auf das klassische 12-Kanal-EKG bezieht.

 

Ableitsystem EASI Heute

Das Ableitsystem nach EASI basiert auf der Vektorschleife des Vektor-EKGs, errechnet jedoch aus dieser Vektorschleife die klassischen 12 EKG-Ableitungen.

Ableitungen: 

  • Extremitäten: I, II, III, aVR, vAL, aVF
  • Brustwand: V1, V2, V3,V4, V5, V6
  • Gemessene Ableitungen: R, M, L (werden nicht angezeigt)
  • Errechnete Ableitungen: I, II, III, aVR, vAL, aVF, V1, V2, V3,V4, V5, V6

 

Diagnosemöglichkeiten: 
Das Ableitsystem nach EASI entspricht in den Diagnosemöglichkeiten dem eines 12-Kanal-EKGs, wird allerdings mit nur 4 Elektroden gemessen. Zu Abweichungen kann es durch die Modellbildung bei den absoluten Amplituden sowie dem Lagetyp kommen.

 

Ableitsystem 360° Heute

Das Ableitsystem 360° basiert wie das EASI-EKG auf der Vektorschleife des Vektor-EKGs. Allerdings werden neben den klassischen 12 EKG-Ableitungen zusätzlich die Ableitungen des rechten Herzens und der Hinterwand errechnet und ist damit ein vollumfängliches 22-Kanal-EKG. CardioSecur ist das einzige EKG-System, das es Ärzten ermöglicht nach den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie die Hinterwand und das rechte Herz zu untersuchen.

CardioSecur verwendet eine 360° Ableitungstechnologie und erfüllt damit kardiologische Richtlinien.

 

 

6 Sichtachsen vertikal und 16 Sichtachsen horizontal

 

 

Ableitungen: 
  • Extremitäten: I, II, III, aVR, vAL, aVF
  • Brustwand: V1, V2, V3,V4, V5, V6
  • Gemessene Ableitungen: R, M, L (werden nicht angezeigt)
  • Errechnete Ableitungen: I, II, III, aVR, vAL, aVF, V1, V2, V3,V4, V5, V6, V7, V8, V9, VR3, VR4, VR5, VR6, VR7, VR8, VR9

 

Diagnosemöglichkeiten: 
Mit den 22 Kanälen können Diagnosen der klassischen 12 Ableitungen deutlich erweitert werden. Zum einen besteht die Möglichkeit die Infarktdiagnostik deutlich zu verbessern, da jetzt auch Hinterwandinfarkte und Infarkte am rechten Herz sicher diagnostiziert werden können. Zum anderen ist die Lokalisierung von Herzrhythmusstörungen deutlich endlich möglich.

 

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